Von der Schizophrenie des Pendelns mit Zwischenhalt „Pendlerpauschale“ zu beider Zukunft

Als ich das „Fahrtenbuch des Wahnsinns“ nach vielen Monaten, die es auf dem Abstellgleis meiner „Noch zu rezensieren“-Kiste verbracht hat, wieder zur Hand nehme, wird mir wieder einmal klar, wie viele Bücher schon über das Pendeln geschrieben worden sind. Das war mir nicht bewusst gewesen, als ich vor ein paar Jahren diesen Pendler*innen-Blog aufgegleist habe …

      ,Es ist schon alles gesagt, aber eben noch nicht von jedem!‘, könnte man, einmal mehr, boshaft denken, aber: Dieses Buch kommt der Sache deutlich näher, als das bei anderen (Büchern und Leuten) dieser Art der Fall ist.
Dass ich das Buch heute wieder bzw. erst heute wieder aufschlage, liegt daran, dass der Autor, Claas Tatje, nun gemeinsam mit dem ebenfalls Pendler- und Bahnlebenexperten Mark Spörrle, der ein direkter Kollege von ihm bei der ZEIT ist, ein neues Wahnsinnsbuch geschrieben hat. Diese Kombination aus zwei Pendler-Pals erscheint mir 1.) reizvoll und 2.) unausweichlich.
Bleiben wir aber bei Claas Tatje und seinem „Fahrtenbuch des Wahnsinns“ von 2014, seinerzeit erschienen bei Kösel. Der Untertitel ist gelungen – Glückwunsch an die Redaktionskonferenz, die ihn festgelegt hat: „Unterwegs in der Pendlerrepublik“.

      Claas Tatje und sein Verlag machen es mir zudem sehr leicht, das Buch zu rezensieren, denn:
Alles, was ich spontan dazu hätte sagen und schreiben können, steht schon irgendwo: In einer der beiden Buchklappen, im Inhaltsverzeichnis oder auf dem Buchrücken. Also mache ich Ihnen und mir das ohnehin beschwerliche Pendler*innenleben ein wenig leichter, indem wir hier einfach gemeinsam von der Arbeit anderer – in diesem Falle: meiner Kolleg*innen aus der Medienwelt – profitieren.

Mein antiquarisches Exemplar stammt aus einer Stadtbibliothek und war unter „Wirtschaft & Beruf: Aktuell“ eingruppiert …

      Es gibt kaum einen Kapiteltitel, an den ich nicht „andocken“ könnte; es gibt nichts, was mir hier nicht bekannt, vertraut oder verhasst vorkäme. Am meisten angesprochen werde ich von Kapitel 2 („Die Schizophrenie des Pendelns“ … oh ja!), von Kapitel 5 („Beziehungskiller Mobiliät“ … Achtung!, Gefahr in Verzug!) und – vor dem Hintergrund von Klimawandel und Corona-Pandemie, die vieles, so auch die Mobilität der Menschen, verändert haben und noch werden – von Kapitel 9: „Die Zukunft des Pendelns“.

Drei Kapitel haben es mir besonders angetan … Schizophrenie ist immer gut, und: Zukunft geht immer, es sei denn, der Beziehungskiller hat einen schon umgebracht …

      Wer meine Rezensionen kennt, weiß, dass ich Sie ganz gerne mal ein Stückchen „mitreisen“ lasse, indem ich Ihnen eine „Etappe“ zitiere. Ich werde aber nicht aus einem der drei oben genannten Kapitel „vorlesen“, sondern Claas Tatje „abkupfern“, der seinerseits die Isländerin Björk und eine Stelle aus ihrem Lied „Hunter“ als Motto gewählt hat. (Da es sich um genau sieben magische Zeilen handelt, „darf“ ich das hoffentlich – wenn nicht, möge Björk mich anrufen und sich beschweren.)

      If travel is searching

      And home what’s been found

      I’m not stopping

      I’m going hunting

      I’m a hunter

      I’ll bring back the goods

      But don’t know when

Danke, Björk, und danke, Claas Tatje, für diese Worte, die auf einem Blog, der ja bekanntlich nur vordergründig mit dem Pendeln und in Wirklichkeit mit der Suche nach Sinn, Bedeutung, Konstanz, Kontinuität und Heimat befasst ist, ideal platziert sind.

Alles Weitere dürfen Sie dann wie immer selbst lesen und entdecken, wenn auch Sie, wie ich, in der anarchistisch regierten Pendlerrepublik Deutschland unterwegs sind. Man sieht sich!

Claas Tatje, Fahrtenbuch des Wahnsinns. Unterwegs in der Pendlerrepublik. München: Kösel-Verlag in der Verlagsgruppe Random House 2014;
meines Wissens nur noch antiquarisch erhältlich — von wegen „Aktuell“ 😉