Trost von Fremden

… hat wohl jeder von uns schon einmal erfahren. Man kann ihn erleben, wenn man ihn am wenigsten erwartet. Er wird uns gespendet in schwachen Momenten. Das kann z.B. im Krankenhaus sein, von Mitpatienten. Niemand versteht uns so gut in dieser Ausnahmesituation wie andere, die das Ausgeliefert-Sein eines Krankenhausaufenthaltes auch gerade durchleben.

Trost von Fremden gibt es aber auch, wenn wir, allein unterwegs, in eine unerwartete (Not-)Situation geraten.
Ein Stolperer oder sogar Sturz auf offener Straße … Manchmal springt gleich jemand bei und fragt, ob er uns helfen könne.

… und manchmal ist uns der Trost von Fremden sogar angenehmer als der unserer Freunde und Verwandten. Es ist uns nicht so peinlich, wenn uns Wildfremde, die wir auch später nicht mehr wiedersehen, in einem schwachen Moment erwischen.

Genau diesen „Comfort of Strangers“ kannst Du auch als Pendler/in erleben. Du triffst Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind und Dir etwas schenken, geben, leihen … oder einfach nur die passenden Worte finden.
Der Mitreisende auf dem Platz neben uns im Zug … Gespräche mit ihm oder ihr sind etwas ganz Spezielles. Sie sind intensiver als die flüchtig-berüchtigten Aufzugsgespräche auf engstem Raum, aber auch zeitlich begrenzt durch den Ausstieg des einen oder anderen. Sie sind vertraut, aber nicht wirklich vertraulich, denn meist sitzen andere Leute viel zu nah dran für einen ungestörten Austausch von Vertraulichkeiten, die nur für zwei Ohren bestimmt sind.

Das Buch „The Comfort of Strangers“, dessen Titel meinem Gefühl einen Namen gegeben hat, handelt allerdings von etwas anderem. Es ist eine Art erotischer Thriller und meint einen ganz anderen Trost als den von Menschen, denen es gelingt, für einen flüchtigen Moment unser Innerstes zu berühren und zu bewegen.
Nicht, dass es ein schlechtes Buch wäre, aber sein Inhalt, den ich erst spät kennengelernt habe, *konnte* mich nur enttäuschen, so weit weg ist er von meiner Idee des »Trosts von Fremden«.
Aber der Titel ist immer noch großartig — und ich wünsche auch Dir viel Trost von Fremden, wenn Du ihn mal brauchst.

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