OmG! Ich hatte es geahnt, aber … jetzt weiß ich es! Ich bin doch verdammt altmodisch, wenn es ums Bücherlesen geht … Trotz Kindle & Co. bin ich bei diesem Buch einem Phänomen begegnet, das mich ziemlich beschäftigt: Obwohl die „Gebrauchsanweisung für die Deutsche Bahn“ nur noch als E-Book lieferbar ist, habe ich antiquarisch zum „Super-Sparpreis“ noch ein ,physisches‘ Exemplar erschnappt.

Und muss nun feststellen: Als ,richtiges‘ Buch gefällt es mir plötzlich viel besser, als es bei der Erstbegegnung (als E-Book) der Fall war. Gern revidiere und relativiere ich also Teile meiner ersten Rezension auf diesem Blog – das Buch kommt bei meiner zweiten „Fahrt“ darin und damit viel besser weg als bei seiner „Jungfernfahrt“.

Umso lieber zitiere ich nun also – mit freundlicher Genehmigung des Autors – eine (erste) Passage daraus, die mir gut gefallen hat. Und sicherlich ist es kein Zufall, dass ich mir dafür – passend zur Ausrichtung dieses Blogs — eine Stelle herausgesucht habe, die so gar nicht sachlich und Gebrauchsanleitungs-mäßig daherkommt, sondern eher romantisch, nostalgisch und ein bisschen sentimental, stammt sie doch aus dem Kapitel „Sehnsuchtsort, Mythos, Abenteuer – die Magie der Züge“. Als schon als Grundschulkind ganz allein Bahnreisende und spätere Interrailerin bin ich bei dieser Destination natürlich gern dabei. Here we go:

Zum ersten Mal fuhr ich mit der Bahn, da muss ich ungefähr sechs gewesen sein. Mitte der 70er-Jahre reisten meine Eltern mit mir von Flensburg zu den Großeltern ins Rheinland. Ich erinnere mich noch genau an das Sechserabteil mit den geteilten roten Sitzen, die sich so gen Abteilmitte ziehen ließen, dass aus immer zwei gegenüberliegenden jeweils eine Liegefläche entstand. Es war heller Tag, aber ich hatte mir sofort die Liege ganz am Fenster eingerichtet. Und wenn ich nicht gerade den metallenen Tischabfalleimer auf- und zuklappte, zur Freude meiner Eltern und einer Frau von nebenan, die mehrfach schimpfend in der Abteiltür erschien, lag ich gemütlich auf dem Bauch, rhythmisch geschaukelt von den Bewegungen des Zuges, leicht sediert vom „Tatm-tatam-tatam-tatam“ der Räder, und las. Für mich gab es damals nichts Schöneres, ich fand es herrlich, einfach da liegen und lesen zu können, und: Ich hatte extra für diese Fahrt zwei neue Bücher bekommen! […]

[Diese] erste Bahnreise meines Lebens war für mich etwas ganz Besonderes: Das große Kofferpacken, die Fahrt zum Bahnhof, ausnahmsweise im schwarzen Taxi, die winkenden Großeltern, die drei neuen Bücher, die meine Mutter mir für die Rückfahrt kaufte, weil ich die zwei anderen schon auf der Hinfahrt ausgelesen hatte – all das ist mir bis heute ungemein präsent. Vielleicht hat Bahnfahren deshalb noch heute für mich diesen Reiz, diese Faszination.

Aus: Mark Spörrle, Gebrauchsanweisung für die Deutsche Bahn, München/Berlin: Piper 2016, Seite 13f; zitiert mit freundlicher Genehmigung des Autors

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