Endlich wurde mir das handliche „Homeoffice“-Buch von Mark Spörrle ins Home Office (bei mir immer noch in zwei getrennten Wörtern, denn ich trenne gern Berufliches und Privates) geliefert.
Am Ende eines seeeehr langen Home-Office-Tages mit zwei endlosen „ViKos“ [zoom-Runden], einigen Telefonaten und unzähligen Mails habe ich sofort angefangen, darin zu blättern und zu lesen.
Schon nach kurzer Zeit bestätigte sich meine Vermutung, dass es dieses Buch viel früher hätte geben müssen: Als ich anfing, dauerhaft ins Home Office zu wechseln.
Zuvor hatte ich immer nur sporadisch den einen oder anderen meist Freitag gehomeofficed (-offic[e]t???). Ja, tatsächlich konjugiert Mark Spörrle dieses Wort. „Ich homeofficé [mit der Betonung auf–e], also bin ich!“, ist man versucht zu sagen. Anders gesagt: „Le bureau, c’est moi!“
Aber der sporadische ist in Wirklichkeit kein echter Home Officer. Nur die harten komm’n in ’nen Garten! … und nur die noch härteren (so einer wäre „Kai“ zum Beispiel) arbeiten (!) im heimischen Arbeitszimmer. Auch das ist wieder doppelbödig, denn: Man kann im Arbeitszimmer sitzen, ohne seine Arbeit zu machen. Und/oder man kann zwar ein Arbeitszimmer haben, kann oder darf es aber nicht benutzen, weil es anderweitig belegt wird … sodass am Ende nur die Nasszelle zum Verrücktwerden bleibt. Doch ich greife vor.
An dieser Stelle muss ich Euch nämlich erstmal ein Geständnis machen: Normalerweise lese ich nicht alle Bücher, die ich rezensiere, von vorn bis hinten durch. Das könnte ich auch rein zeitlich gar nicht, aber: Ich wage zu behaupten, dass ich es aufgrund meiner langjährigen „Profession“ auch gar nicht muss. Denn ich habe früh gelernt, Bücher und Texte „kursorisch“, quer und überfliegend zu lesen und dabei die wichtigen Stellen nicht zu überlesen.
DIESES allein schon optisch/haptisch appetitliche Buch habe/bzw. hätte ich in einem Rutsch ausgelesen, wenn nicht zwei diesen Effekt störende Nachtruhen dazwischen gelegen hätten. Warum?
* Es ist episodisch, sodass man es in kleinen Häppchen (neudt. “nuggets“) kapitelweise „verdauen“ kann.
* Es ist lustig, sodass man an vielen Stellen lachen und „andocken“ kann.
* Es ist – und das meine ich nicht abwertend – im besten Sinne „leichte Kost“, die man auch nach Wochen der Verblödung und Kontaktarmut (doch nicht etwa im oder gar durchs Home Office?!) noch gut bewältigen kann.
* Es ist, was seine Gags und Situationskomik angeht, stellenweise „vorhersehbar“, was gut fürs Gemüt und zur Entspannung ist.
Vorhin habe ich gesagt, dass das nahezu Einzige, was ich diesem Buch vorwerfe, der Umstand ist, dass es nicht ETWAS früher erschien. Andernfalls hätte ich mir, als Neu-Dauer-Home-Officer*in/side, so manchen quälenden Selbstzweifel („Bin ich normal?“), so manches Kopfschütteln („Ist DAS noch normal?“) und so manchen häuslichen Zwist („Guck mal, die anderen kriegen das auch nicht besser hin!“) sparen können. Ich hätte einfach nur das passende Kapitel in „Unten ohne“ aufschlagen müssen und es der betreffenden an sich oder an mir zweifelnden Person vor die Nase halten müssen – manchmal bzw. vielleicht sogar meistens: mir selbst.
Abschließend noch ein Wort zum Titel: „Unten ohne“ ruft bei mir automatisch das Gegensatzpaar „Unten ohne – oben mit“ hervor. Und genau so ist es … Seit ich dauerhaft homeofficé (Betonung auf –e, s.o.), habe ich ständig etwas aufm Kopf oder im Ohr. Ich wechsele zwischen (einseitigem) Ohrstöpsel fürs Laptop (für die Videokonferenzen) und andersfarbigem Ohrstöpsel fürs Smartphone. Das eine Ohr bleibt frei, damit ich das Klingeln des Paketboten nicht überhöre …
Und manchmal lasse ich den Stöpsel mit leicht geneigtem Kopf unbemerkt im Ohr stecken, obwohl ich schon längst nicht mehr telefoniere oder zoome. (Nein, das mit den Selbstgesprächen ist *nicht* schlimmer geworden im Home Office.)
FAZIT für alle Home Officer (nicht: Worker) und solche, die es werden wollen (oder mit Home Officers zusammenleben müssen): Lest dieses Buch! Es erspart Euch Krisen, Kritik, Konfrontationen und vielleicht sogar leere Kühlschränke!
Mark Spörrle, Unten ohne. Geschichten aus dem Homeoffice. Illustriert von Yves Haltner. München: Wilhelm Heyne Verlag 2021, 183 Seiten, € 12,00. ISBN: 978-3-453-42609-2.