Zuhause … Zunächst klingt alles so, so idyllisch … Die neue Wohnung, von der die monologisierende Erzählerin zu Beginn ebenso wortreich wie -gewandt und sehr euphorisch erzählt, scheint ein echter Traum, ein „Glücksgriff“, zu sein. „Ich bin so gerne in der Wohnung! … in der Küche! … im Wohnzimmer! […]“, wird die stolze Bewohnerin nicht müde zu betonen. Das wirkt von Anfang an ein bisschen übertrieben und hysterisch – zumal sie immer wieder auch erwähnt, *wie* viel Arbeit es doch war, die Wohnung in den heutigen Zustand zu versetzen.

„Hammer, Hammer – Doppelhammer!“, jubiliert sie. – Auch im Gästeklo hält sie sich gern auf. Und im Arbeitszimmer. Wahrscheinlich sogar in der Besenkammer; die Speisekammer wird jedenfalls begeistert gelobt und gepriesen, nicht zuletzt aufgrund des schnellen Zugriffs zur dort gelagerten Trostschokolade.

Nach ca. 5-6 min. bekommt die Idylle erste unübersehbare Risse. Die Verbindung zu ihrem Mitbewohner und Partner scheint mittlerweile gestört zu sein: Die beiden gehen sich in der ach-so-traumhaften Wohnung systematisch aus dem Weg. Sie können es sich gleichzeitig – getrennt voneinander – gemütlich machen … Okay, *daher* weht also der Wind in diesem „Zuhause“.

Zweifelhaftes Idyll im „Wohn/t/raum“, mit alptraumhaften T/räumen

Kurze Zeit später erfährt man auch, dass der zumindest vom Bewohner (der auch mehr „bezahlt“ hat fürs häusliche Glück als die Erzählerin) gewünschte Nachwuchs, für den es auch ein traumhaftes Zimmer gegeben hätte, das jetzt „übrig“ war, ausgeblieben ist.

,Ich muss geh’n!‘, erkennt die Bewohnerin. Doch die Entscheidung und vor allem deren Umsetzung macht sie sich schwer – zu „traumhaft“ ist die aufwendig renovierte Altbauwohnung …

Das ist nur eine von vier (monologischen) Episoden, die sich um das Thema „Zuhause“ drehen. Sie eröffnet in ca. 20 min. den Reigen der übertünchten Trostlosigkeit und zweifelhaften Gemütlichkeit der eigenen vier Wände, die schnell zum Gefängnis werden können.
Eigentlich finde ich Monologe eher abschreckend – es gibt wenige Menschen, den ich gern so lange am Stück gern zuhöre. Aber das Thema „(Allein) zuhause“ ist wohl so universell, dass ich diesem „Hörspiel“, das eigentlich eine Lesung ist, das Monologisieren nachsehe, zumal es zur inneren Einsamkeit der Bewohner*innen passt.

Von „Esstisch“ über „Haus“ und „Bild“ bis hin zum „Fernseher“ reichen die Überschriften und Mottos der Episoden. Frau – Mann – Frau – Mann. Insofern kann hier jede/r, der wohnt, haust und lebt, irgendwo Unterschlupf finden.

Zuhause. Hörspiel von Ingrid Lausund. Monologe, die um das Thema ,Zuhause‘ kreisen. Sprecher*innen: Claudia Hübbecker (auf den neuen „Esstisch“ wartend), Florian von Manteuffel (den Verlust des kreditbelasteten Hauses fürchtend), Ulrike Grote (ein geerbtes „Bild“ als Heimsuchung) und Hans Löw (einfach nur mal ungestörter „Fernseher“ sein dürfen). Regie: Andrea Getto, Redaktion: Susanne Hoffmann. NDR 2008; 1:21:07 Std.