Überall um mich rum ist plötzlich (das) Meer …
Nachdem ich ja das (deutschsprachige) „Rezi-Exemplar“ von „Und dahinter das Meer“ von Laura Spencer-Ash (so hieß sie doch?!) offenbar dauerhaft „verlegt“ habe, habe ich mir selbst gegenüber Wort gehalten und mir daraufhin kurzerhand ein Mängelexemplar des englischsprachigen Originals bestellt, das sich jetzt schon seit Tagen mit Aufforderungscharakter immerhin ganz oben auf meinem kleinen „to-be-reviewed-b4-frankfurt-bookfair“-(Leucht-)Turm stapelt. Es heißt, wohlgemerkt: „beyond that, the sea“ (alles kleingeschrieben aufm Cover) … und eben nicht “behind“, aber das hätte ich als „vom Fach“ des Englischen eigentlich wissen können, vielleicht sogar müssen.
Und: Ach nee, die Autorin heißt ja gar nicht, wie es naheliegender gewesen wäre, „Spencer“, sondern hat unterwegs auf hoher See ein „-r“ verloren: Laura Spence-Ash.
Aber das allein wäre ja jetzt noch nicht (zu) viel Meer. Bei der Recherche nach dem englischen Originalbuch bin ich nämlich zufällig auf ein Jugendbuch von 1999 (!) gestoßen, erschienen bei Nagel & Kimche in Zürich … und das heißt ganz genauso wie die deutsche Übersetzung von “Beyond That, the Sea“, wie es im Innentitel geschrieben wird. Okay, das Jugendbuch hat also eindeutig früher angelegt als der Roman, der passenderweise bei mare erschien: „Und dahinter [nicht (poetisch): „jenseits“, wie bei „East of Eden“ mit James Dean oder von Nino di Angelo ;-)] das Meer“.
Ich komme zurück zur „Erstausgabe“, dem Jugendbuch. Es ist von Marjaleena Lembcke und spielt in Hammerfest, also im hohen Norden Skandinaviens, aber trotz des Namens und des Schauplatzes kann ich im Impressum nicht erkennen, ob es sich um eine, wie ich allerdings vermute, Übersetzung aus dem … ähm … Hammerfest … Hammerfest … Norwegischen handelt, wobei der Vorname der Autorin mit seinen zwei „ee“ (wie „Meer“) ja eher mal nach Finnland aussieht.
Auch die handelnden Personen klingen sowas von finnisch (Pekka, Matti, Oskari, Tuomo, …), dass ich gleich mal nachschauen muss, ob Hammerfest, die meines Wissens nördlichste Stadt der Welt, nicht wider besseren Wissens doch in Finnland liegt … Wobei … halt! Andere Theorie: Vielleicht fahren ja all diese Finnen nach Hammerfest … das würde Sinn machen, wobei meine Geografiekenntnisse sich gleich wehren und sich fragen, warum man auf dem Weg von Finnland ins norwegische Hammerfest denn am Meer vorbeikommt. Auch DAS muss ich nachher mal nachgucken.
Nachgucken, das tue ich jetzt erst nochmal im Klappentext … Genau! „Einmal im Leben nach Hammerfest!“, so fängt der an. Und etwas weiter unten heißt es: „Sie [Leena, 15 Jahre alt, und ihr Vater] fahren durch die weite finnische [!] Landschaft, zelten an Seen und fangen Fische. Nach Hammerfest gelangen sie also nicht, […]“ Aha!, sag‘ ich doch! Nix Meer!
Später begegnet Leena – wenn DAS nicht mal ein Avatar der Autorin Marjaleena ist! – einem sogenannten „Wolfgang“, der zum Nordkap trampt. Hm. Wenn mich nicht alles täuscht, kann ein Wolfgang nur aus Deutschland oder Österreich sein … das Nordkap liegt m.W. auch nicht am Meer, und der Name Wolfgang, der anders als „Oskar“, „Karl“ und „Ludwig“ trotz Retrowelle keine Renaissance erlebt hat, zeigt eindrucksvoll, *wie* alt das Buch schon ist … Da nützt es auch nichts, dass dieser Wolfgang lt. Klappentext wunderschöne grüne Augen hat.
Um das mit der „Meeresflut“ noch besser zu erklären, muss ich kurz erzählen, dass ich das Jugendbuch „Und dahinter das Meer“ jetzt aus Versehen gleich 2x habe, wobei die beiden Exemplare, die ich antiquarisch gekauft habe, wohl aus derselben Bibliothek stammen, was die typischen Aufkleber auf dem Buchrücken nahelegen. Der Warenkorb hat anfangs nicht funktioniert, sodass ich irrtümlich 2x auf „Jetzt kaufen“ gedrückt habe … Da die beiden Bücher aber so spottbillig waren, habe ich’s einfach dabei belassen.
Die meisten Jugendbücher habe ich als immer schon Vielleserin im Kindesalter gelesen, und normalerweise hatte ich eines schon zur Hälfte verschlungen, wenn meine Bahn aus der Stadt oder Schule an meiner Haltestelle hielt. Mit dem Buch vor der Nase bin ich dann meistens zu Fuß nach Hause gegangen und habe nur ab und zu mal aufgeblickt – der Weg war vertraut genug, dass ich nirgendwo „angeeckt“ bin. Da das Buch nur 143 Seiten hat und recht groß gedruckt ist, könnte ich doch mal schauen, ob ich meine alten Schnellleserekorde heute im Erwachsenenalter noch erreichen kann.
Bevor ich diese Challenge annehme, sehe ich noch beim Durchblättern, dass die finnischen Reisenden auch nach Rovaniemi fahren (Seite 83 ff.), wo ich auch schon mal war – das motiviert mich zusätzlich.
Also, ich bin dann jetzt also erstmal kurz weg – und im Buch drin. Wenn ich da durch bin, melde ich mich wieder und erzählte Euch, ob „Und dahinter das Meer“ auch heute noch lesenswert ist … und vielleicht erfahre ich ja unterwegs von Leena und ihrem Vater, was es genau mit dem Titel auf sich hat und ob das Meer noch gefunden wird, okay?! Hei-hei! … und bis dann!
Marjaleena Lembcke: Und dahinter das Meer. Zürich: Nagel & Kimche 1999, 144 Seiten; ISBN: 3-312-00836-0; Originalpreis in DM oder Franken nicht mehr zu ermitteln
Hammerfest ist übrigens lt. Wikipedia tatsächlich die nördlichste Stadt der Welt und liegt, als Tor zur Barentsee, in Norwegen … an der Küste.