Es muss am schlechten Wetter gelegen haben. Denn eigentlich bin ich überhaupt kein Camper – und meine erste und letzte Tour mit einem Wohnmobil liegt schon viele Jahre zurück. Aber irgendetwas hat uns an diesem trüben Wochenende im Mai angezogen, sodass wir sogar, obwohl wir an dem auffälligen Gebäude schon vorbeigefahren waren, nochmal gewendet haben und zurückgefahren sind. Das durchsichtige Gebäude erinnerte mich mit seinen abgerundeten Ecken ein bisschen an den stylischen Radiowecker, den ich als Schulkind hatte. Insofern eigentlich gar keine so positive Assoziation, aber das Gebäude hat mir von weitem und von außen gefallen. Gründe genug für einen spontanen Besuch!
Wovon die Rede ist? Vom Erwin-Hymer-Museum in der Bodenseeregion, Nähe Bad Waldsee. Die „Hymer“-Wohnmobile und der dazugehörige Schriftzug sind mir schon seit meiner Kindheit vertraut, obwohl ich den Namen zuvor noch nie jemanden hatte aussprechen hören. (Er spricht sich übrigens mit „ü“, falls Sie sich das auch gerade fragen.)
Genug der Vorrede – gehen wir endlich rein ins Museum! Wobei
der Name „Museum“ im Grunde genommen gar nicht passt zu dem riesigen gläsernen Radiowecker
– nein, es ist eher eine lichtdurchflutete, moderne Halle. Und darin kann man
eine (Zeit-)Reise durch die Anfänge, die Geschichte und die Entwicklung des
mobilen Wohnens oder wohnhaft Reisens machen. Dass das Thema „Zuhause auf Rädern“ eine – in diesem
Falle nicht zum Vergnügen, sondern berufsbedingt – Reisende wie mich brennend
interessiert, ist doch klar!
Der empfohlene Rundgang durch die Halle ist chronologisch und thematisch
geordnet und führt über heimische und europäische Ferienrouten bis hin zu Road
Trips durch die endlosen Weiten der USA uvm.
Was ich bemerkenswert fand, ist, dass hier keine aufdringliche oder auch nur verkappte Hymer-Werbung gemacht wurde, sondern die Geschichte der Wohnwagen, Wohnmobile und Caravane (ich bin mir nicht mal ganz sicher, was hier der Unterschied ist) unabhängig von den Herstellern und Marken nachgezeichnet wird. Ein Übergewicht an „Hymermobilen“ konnte ich jedenfalls in keiner Weise feststellen – find‘ ich gut!
Schön ist auch, dass man die Gefährte oder Gespanne (sorry!, ich bin halt keine Fachfrau) so liebevoll mit Dekor und Accessoires aus der jeweiligen Zeit ausgestattet hat. So kann man mal ganz abgesehen von der Freude an der Technik auch den jeweiligen „Zeitgeist“ wunderbar nachempfinden und einfach nur ein bisschen schwelgen! Abgefahren!
Und so ein Gefährt zum Gefährten zu haben, ist doch eine feine Sache :-).
Schade, dass man in fast alle der Originale (und davon gibt es viele!) nur hineinschauen und nicht hineinsteigen darf, aber das ist natürlich verständlich. Wenn jeder dort hineintappen dürfte, wären die wertvollen und originalgetreuen „Stücke“ bald abgewohnt und nicht mehr vorzeigbar. (Vermutlich würden auch die sorgsam drapierten Accessoires leider „Beine bekommen“ – sofern tragbar.)
Seit ich dort war, sind inzwischen wieder einige turbulente und dichte Tage vergangen, aber ich erinnere mich noch an viele der Gefährte – und an die dazugehörigen Details und Besonderheiten. Der Wackeldackel auf Reisen z.B. Oder die chice (sparsame) Handbetriebsdusche in einer dieser fahrbaren Suiten. Und die Dachterrasse aufm Autodach. Oder dieser chaotische, vollgestopfte VW-Bus eines weltumreisenden Hippies, mit dem er zuletzt noch in Afghanistan war.
Toll auch zu sehen, wie immer wieder versucht wurde, möglichst viel variablen Stauraum zu gewinnen. Da wurde viel getüftelt. Mal ließen sich die Anhänger in der Breite verstellen, mal wurde in die Höhe ausgefahren – und einmal sogar der Fußraum tiefergelegt. Immer mit dem Ziel, mehr Platz zu haben und eine passable Stehhöhe zu erreichen.
Gibt es romantische Tatsachen?! Dann hätte ich eine für Sie: Der erste selbstgebaute Wohnanhänger geht zurück auf eine Liebesgeschichte zwischen einem – habe ich es richtig in Erinnerung?! – Tüftler und einer Artistin, die gemeinsam eine Lösung für ihre besondere Beziehung und Lebenssituation gesucht haben: „Einen Zigeunerwagen, den möchten wir gern haben, ho-ho!, das wäre schön!“, heißt es doch in irgendeinem alten Schnulzenschlager, der mir gerade einfällt und dessen Text heute natürlich sowas von nicht mehr politisch korrekt ist. „Und vorne vor dem Wagen, müssten zwei Pferdchen traben, ho-ho!, das wäre schön!“, geht es weiter. Nur, dass es von Anfang an etwas mehr als zwei Pferdestärken waren. Die Kraft der Liebe war also die Antriebskraft für die Entwicklung eines bewohnbaren Anhängers, ho-ho!, wie schön!
Nach unserer Fahrtunterbrechung und der kleinen Reise durch
die Vergangenheit und Gegenwart der mobilen Zuhause auf Räder – mit kleinem
Ausblick auf die Zukunft – mussten wir noch eine ziemlich lange Weile nach
Hause fahren, und während der leider mal wieder nicht störungsfreien Fahrt ließ
mich ein verrückter Gedanke nicht mehr los: Wie wäre es denn, wenn ich meine
winzige Zweitwohnung an meinem Arbeitsort einfach aufgeben und stattdessen ein
Wohnmobil anschaffen und auf dem Parkplatz meines Arbeitgebers parken würde?!
Das wäre doch krass! Diese Idee schießt mir noch immer hin und wieder durch den
Kopf … Und wenn Hymer mich nun anriefe und mir ein „Testwohnen“ in einem ihrer
Modelle anböte, würde ich dann wohl Nein! sagen?!